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Wie weit ist zu weit?

In vielen christlichen Kreisen stellt sich für junge Paare eine zentrale Frage, wenn es um konkrete Grenzen der physischen Nähe geht: „Wie weit ist zu weit?“ Was sind die richtigen Maßstäbe, und wie können wir sie einhalten? Der Wunsch, das Richtige zu tun, ist gut, doch oft stellen wir uns dabei die falsche Frage.

Ich kenne diesen Wunsch und die damit verbundene Last nur zu gut. Aber was ich damals noch nicht verstand, hoffe ich heute, an andere weiterzugeben.

 

Wir Menschen sind unglaublich gut darin, Grenzen, Regeln und Abmachungen zu schaffen – vor allem, wenn es um ein Problem geht, das solche Lösungen erfordert. So hat Gott uns geschaffen. Und Gott sei Dank, dass es so ist: Viel Gutes ist daraus entstanden, dass Menschen Lösungen für Herausforderungen gesucht haben. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es gewesen sein muss, ein Auto ohne Klimaanlage zu fahren.

 

Vor der Frage „Wie weit ist zu weit?“ sind wir natürlich sofort auf der Suche nach einer Lösung. Wir lesen Bücher, hören von den Erfahrungen anderer, achten auf das, was unser Umfeld oder unsere Eltern sagen, und plötzlich erkennen wir, dass es einen Graubereich gibt, der mehr Fragen aufwirft als Antworten. Klar ist, dass wir keinen Sex vor der Ehe haben wollen – aber wie weit ist zu weit? Und so versuchen wir es mit ein paar Regeln, Abmachungen und Listen (wenn du ein Listen-Mensch bist).

 

  • „Nach 10 Uhr nicht mehr alleine sein?“ Check.

  • „Dunkelheit vermeiden?“ Geht klar.

  • „Mehr Zeit mit Freunden, weniger alleine?“ Kriegen wir locker hin.

  • „Ein Kuss vor dem Heimfahren und wirklich nur ein Kuss?“ (Gilt ein halber Check?)

     

Check, bis es nicht mehr „check“ ist. Und ehrlich gesagt – wenn du so bist wie ich, dann sind wir die besten darin, Regeln aufzustellen, und die schlechtesten, sie auch einzuhalten. Die Regeln, die wir am leichtesten übertreten, sind unsere eigenen, denn es ist am einfachsten, Abmachungen mit uns selbst zu brechen.

Wir frustrieren uns, werden wütend, fühlen uns beschmutzt, beschämt und unwürdig, vor Gott zu kommen. Im besten Fall probieren wir es irgendwann noch einmal – mit noch engeren und noch mehr Grenzen – und merken früher oder später, dass das nicht die Lösung ist. Und hier ist das Spannende: Es ist auch nicht das Problem.

 

Das eigentliche Problem ist unser Herz und unser naives Vertrauen darauf, dass all diese Regeln doch funktionieren würden - hätten wir nur mehr Willenskraft und Selbstbeherrschung, oder? Doch immer wieder erleben wir Enttäuschungen und Verletzungen, weil unser Vertrauen in Regeln, Gebote und Gesetze trügerisch ist. Sie halten nicht, was sie versprechen. Unsere Hoffnung in selbstgemachte Gebote, geschnitzt aus eigener Weisheit, Stolz und Willenskraft, war nie genug. Wir machen uns selbst zu selbstgerechten Rettern, die sich selbst nicht retten können.

 

Was ich damals nicht verstand, war, dass Gott uns nicht sagt: „Leb ein gutes Leben, so gut du kannst. Versuch, so rein wie möglich zu leben, und am besten spar dir den ersten Kuss bis zur Hochzeit und halte dich haargenau an die Regeln, die du aufgestellt hast.“ Stattdessen sagt er: „Sei heilig, wie ich heilig bin.“ 1. Petrus 1,16. Das Wort "heilig" (griechisch: hagios) bedeutet "für Gott ausgesondert". Es beschreibt eine Beziehung und Berufung, nicht nur Verhalten.

 

Wir fokussieren uns darauf, das Richtige zu tun, anstatt gerecht zu sein, uns gut zu benehmen, anstatt heilig zu sein, oder eine Liste abzuarbeiten, anstatt Gott zu vertrauen.

 

Heiligkeit hat also mehr mit einem ‚Sein‘ zu tun als mit einem bloßen ‚Tun‘. Aus diesem ‚heilig Sein‘ entspringen unser Handeln, unser Tun und unser Gehorsam. Heiligkeit ist nicht primär als moralische Perfektion zu verstehen, sondern als eine Stellung oder Identität, die uns durch die Zugehörigkeit zu Christus geschenkt wird. Heiligkeit unterscheidet sich oft von dem, was wir als äußerliche Frömmigkeit verstehen. Bei Frömmigkeit liegt der Fokus oft auf dem Äußeren – dem, was andere sehen können. Sie kann sich auf religiöses Verhalten, Traditionen und moralische Pflichten konzentrieren. Heiligkeit jedoch richtet sich auf das Innere – auf ein Herz, das Gott liebt, ihm dient und sein Wesen in allem widerspiegelt. Wahre Heiligkeit beginnt im Inneren und wirkt sich dann auf das Äußere aus.

 

  • Weil wir heilig sind, halte ich Gottes Gebote.

  • Weil wir heilig sind, will ich Gott treu sein.

  • Weil wir heilig sind, schütze ich meinen Freund oder meine Freundin und helfe ihm oder ihr, in Heiligkeit zu leben.

  • Weil wir heilig sind, respektiere ich den Körper meines Partners, weil ich kein Recht darauf habe.

     

Wir entscheiden uns, rein zu bleiben, weil wir heilig sind – nicht, um heilig zu werden.

Wahre Reinheit beginnt also nicht bei deinen Abmachungen, wie „keinen Sex vor der Ehe“. Es sind Maßstäben, aber keine Retter. Wahre Reinheit beginnt bei einem Herzen, das Gott sucht. Wahre Reinheit beginnt dort, wo ich Gott mehr treu sein möchte, als meinen eigenen Wünschen nachzugeben, die mich zur Sünde verleiten. Sie beginnt da, wo ich Gott mehr liebe als meine Sehnsüchte. Sie beginnt da, wo ich zuerst bei Ihm Antworten suche. Reinheit fängt immer mit der Liebe zu Gott an. Die Frage lautet also: Wie heilig kann ich sein?

 

 
 
 

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