In unserer Serie über Grenzen kommen wir nicht umhin, als uns mit dem kleinen, aber mächtigen Wort „Nein“ auseinanderzusetzen. Die Fähigkeit, Nein zu sagen oder es nicht zu sagen, ist tief in unserem kulturellen und persönlichen Hintergrund verwurzelt.
Interkulturelle Unterschiede prägen unseren Umgang mit diesem Thema. Zum Beispiel neigen wir in Paraguay dazu, Ablehnung indirekt zu kommunizieren, um die Harmonie zu bewahren und Konfrontationen zu vermeiden, statt direkt „Nein“ zu sagen. Dies soll vermeiden, dass die andere Person sich abgelehnt oder verletzt fühlt, wobei die Deutschen für ihre Direktheit bekannt sind. Ein klares und direktes „Nein“ wird nicht unbedingt als unhöflich angesehen, sondern als ehrliche und effiziente Kommunikation.
Auch unter uns Christen kann das Nein-Sagen oft als Herausforderung empfunden werden, da wir irgendwie die Befürchtung haben, es könne uns lieblos oder weniger christlich erscheinen lassen.
Betrachten wir das Wort „Nein“ isoliert, könnte es fast lächerlich erscheinen, wie viel Emotion es in uns hervorruft und welche große Macht dieses kleine Wort ausübt.
Doch „Nein“ ist weit mehr als nur ein Wort. Es ist mit Bedeutungen, Erfahrungen, Bewertungen und für manche sogar mit Bedrohungen gefüllt.
Ein Nein zu bekommen kann für einige bedeuten, etwas Gewünschtes nicht zu bekommen.
Ein Nein kann Bedrohung bedeuten. Ein Nein kann für einige die Abwertung und Ablehnung unserer Person bedeuten. Ein Nein kann aber auch bedeuten, dass jemand mir seine persönlichen Grenzen damit mitteilen will und ich es wertschätze.
Du merkst bestimmt, dass unsere eigene Interpretation und Bewertung des Neins eine entscheidende Rolle darin spielt, wie wir zum „NEIN“ stehen. Wenn wir Nein als etwas Negatives oder Ablehnendes sehen, wird es uns schwerfallen, es zu akzeptieren und weiterzugeben. Sehen wir ein angemessenes NEIN jedoch als etwas Gutes, erscheint es uns weniger problematisch.
Die Schwierigkeit beim Nein-Sagen ist also auch eng mit unserer Lebensgeschichte verknüpft. Wie wurde ich geprägt in der Gesellschaft oder Herkunftsfamilie, in der ich aufgewachsen bin? Überleg doch einmal:
Welche Bedeutung hatte das Wort „Nein“ in deiner Familie? Durftest du Nein sagen? Wurde dein Nein respektiert oder ignoriert? Wie haben deine Bezugspersonen Nein gesagt und dadurch Grenzen gesetzt?
Wenn dein Nein in der Kindheit oder Jugend nicht respektiert wurde, hast du möglicherweise die Botschaft erhalten, dass in Beziehungen nur ein Ja zählt. In anderen Worten können wir sagen, dass das „JA“ mehr Wert hat und das Nein an Wert leidet. Beobachte mal, welche Personen am meisten in Gemeinden, Gesellschaft und Familien gelobt werden. Es sind doch meistens diejenigen, die zu allem Ja sagen, oder? Das „JA“ hat etwas Verlockendes an sich, denn es gibt uns die Sicherheit, dass wir gemocht und wertgeschätzt werden. Das Ja bringt uns zu einer Position in der Gesellschaft, Familie und Freundschaft, wohin das NEIN uns nie bringen könnte.
ABER, das Problem hat nicht nur biografische Wurzeln, sondern ist existenziell. Wenn du mal kurz nachdenkst, wo in der Bibel das erste NEIN gesprochen wurde, wo war es? Das erste Nein in der Bibel galt Adam und Eva: und zwar ging es darum, vom Baum der Erkenntnis nicht zu essen.
Ich glaube, dass das Problem nicht dieses gesprochene NEIN war, das Gott ihnen vermittelt hatte, sondern was dieses NEIN in ihnen auslöste.
Dieses NEIN löste Misstrauen aus. Meint Gott es wirklich gut mit mir? Enthält er mir etwas vor? Ich glaube, mit diesem Gefühl des Misstrauens können wir uns identifizieren. Wenn wir ein NEIN bekommen, löst es auch in uns Misstrauen aus: Lieben meine Eltern mich trotzdem? Meint mein Ehemann es trotzdem gut mit mir, auch wenn er Nein gesagt hat? Mag meine Freundin mich noch trotz des Neins? Weil das Wort NEIN oft Misstrauen auslöst in uns, darum ist es auch so zerstörerisch, wenn wir dieses nicht richtig verstehen.
Auf dem Weg zu einem gesunden NEIN-Verständnis möchte ich dir drei grundlegende Prinzipien mitgeben:
Du und ich wurden begrenzt geschaffen: Gott hat uns begrenzt geschaffen an Zeit, Energie, ja sogar ein begrenztes Leben. Begrenzt geschaffen zu sein heißt, ich bin nicht Gott und ich sollte diese Position auch nicht einnehmen sondern sollte akzeptieren dass ich ein von Gott gewollter, begrenzter Mensch bin.
Wenn du zu etwas Nein sagst, sagst du zu etwas JA: Überleg mal: Wo hast du vor kurzem NEIN gesagt und zu was/wem hast du dann JA gesagt? Zu deiner Energie? Zu deiner Familie? Zu deiner Zeit? Zu dir selbst? Hier ist es wichtig, dass du dir deine Prioritäten bewusst machst. Was ist dir wirklich wichtig? Was musst du dafür opfern? Zu was/wem sagst du Ja und in diesem JA, wozu musst du Nein sagen? Hinter deinem Nein sollte ein Sinn stehen und nicht nur ein negatives Gefühl (Schuldgefühl).
Dein JA ist nur so frei wie dein Nein: Wenn du dich genau so frei fühlst, ein Nein zu sagen zu einer gewissen Bitte, wie du Ja sagen kannst, dann bist du auf dem besten Weg dahin uns hast gelernt, dass ein angemessenes Nein gesund ist!
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